Sammelwerk Zweitausendachtzehn

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Über brüchiges Eis tanzen und andere losgelöste, unverhältnismäßige Diskrepanzen zwischen Respekttosigkeit und Toleranzen. Schulranzen und Zuckertüten und Tüten voller Einkäufe, die man eigentlich gar nicht bezahlen kann. Tüten vom grünen Mann und alles andere Papier dann in die blaue Tonne rein. Mitten am Tag bricht die Nacht über uns herein. Aus meinem Fenster in Neukölln höre ich den Katzenjammer bellen. Dream dance Hawai und eine gefüllte Waldbühne. Die beste Band des Universums und die Struktur des Schreibens. Aufzeichnungen eines Innenseiters. Die Hermannstraße im kindlichen Stillleben: stilvoll mit Kindern leben. I am not there. Mit Flügeln am Boden der Romantik kleben. Zwischen Sonnenblumenkernen und zu funkelnden Sternen. Some girls are bigger than others. Die Chronologie einer Zeitreisenden bedeutet sich zu entwaffnen und komplett zu enteignen mit den Euren wie mit den Eigenen. Ohne Gepäck und mit Übergewicht, zu bepackt und ungeschützt vor dem Bundeslandgericht. Die Chronologie einer Zeitreisenden ist ohne Sendungsverfolgung oder geschützter Behausung. Interpretation als nicht anerkannten Lohn. Und das Recht auf Meinungsfreiheit per Artikulationsamputation.

Bitte schreiben Sie in Druckbuchstaben. Duplikat und Kopien zweiseitig bedruckt. Persona non grata. Ich. Mittendrin im Dickicht. Und Elliott Smith. Papierflieger. Senkrechtstarter . Die Realität ist ein höchst unzuverlässiger Aufenthaltsort hat man mir gesagt und ich hielt mich daran. On the run, run, run. An sich auflösenden, mich zusammensetzenden Plätzen und dabei viel zu hastig verbalisierten Sätzen. Taschentücherfetzen. Denn outer space ist immer auch von innen heraus. Und Angst essen Seele auf.  Vor Toilettenkabinen und welche davon wirklich dazu dienen, auf diesen feuchten Wegen. This is the time.

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Die Melancholie ist schon da, bevor ich es bin. Der große Fluss am anderen Ende meines Heimatlandes; Heimat, wo bin ich gestrandet? Brandenburg ist eine Wüste. Polen ist Juwel und hält die Weltwirtschaft in Schach. An der Elbe schlagen Herzen und warten Schaukeln. Mit Zigaretten, die nicht hätten sein müssen, aber gut geschmeckt haben. Hinter dem Sonnenaufgang am Deich wartet unsere Zukunft sogleich, lass uns noch hier bleiben und ein bisschen gute Geschichte schreiben. Niemand wartet auf uns und wir sind noch mal jung. Kaputter Auspuff und Luftballons aufpusten. Und Kabelbinder und Draht und Dosenbier ohne Korb am Schnellstreckenfahrrad. Zehn Jahre Später. Klarsicht. Vierhundert Kilometer entfernt. Ist es die gleiche Erde, aber eine andere Scheibe, die hier ihre breiten Grade für mich bereit hält. Windfänger und Hundezwinger, Strandkörbe und Bienennester. Feiern, wie die Feste fallen. Get Up Kids im Vollrausch auf dem Rücksitz nach Nirgendwo. Strohhüte und Bierbäuche. Unwillkommene Gepflogenheiten und fernweltliche Bräuche. Verweigertes Gebiet. Alles auf Eigenverantwortung, das hier geschieht.

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Was bricht sich an einem Gedicht, wenn man es in ein strombetriebenes Gerät herein tippt? Was bedeutet es zu sehen, wie man die Buchstaben formt zu dem, was einem auf dem Herzen brennt? Ein zerknittertes Heft voll zusammengesetzter Zeilen, die vom Dichtertum weilen. Dichter tun. Sich Schriftbild und Schutzschild zu Aphorismen unter mondscheinigen, sich brechenden Prismen. Ich habe die Kugelschreibermine herunter geschrieben und das nächste Büchlein gefüllt, habe verloren und habe gesponnen. Worte zu gewinnen bedeutet das Danach gewonnen.

Zwischen Kurzwaren und Langstrümpfen bewache ich ihre Träume Nacht für Nacht. Mit meinem Platzpatronengewehr stehe ich am Fußgängerwegesrand und blicke vorbeifahrenden Anhängern hinterher, auf denen mit Mindestgeschwindigkeit die Zukunft transportiert wird. Future me is killing me. Doch fernab dieser motorisierten Kultur feiere ich jeden Tag aufs Neue: Den Tag aufs Neue. Oh, wie sehr ich mich des dichter Tuns freue.

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Spät abends, beinah nachts, schleiche ich die Treppen hinunter. Die Tür fällt leise ins Schloss und ich mache einen kleinen Sprung in die kühle Winterluft. Die Reifen sind aufgepumpt und der Rucksack geschnallt. Klebend befestige ich mit aerosolverleimten Händen Mosaiksteinchen an herrenlosen Wänden. Wenn die Worte hier Transportmittel sind, dann bin ich Gott und die Welt und wieder Kind. Wenn die Fragezeichen an abgeplatzten Betonmauern niemanden mehr etwas nützen, will ich den Arm am längeren Hebel kürzen. Die Sehnsucht trifft mich urban und über Land. Die Bilder, an denen ich hänge. Mitunter sind es nur Gedärme und nicht die Zwänge. Mitunter sind es Höhlen und keine Holzstege mehr. Mitunter liegen Tiere am Straßenrand und mittlerweile habe ich verstanden, warum ich dich getroffen habe. Denn es gab eine Zeit, da kannte ich Orte und Straßen und Plätze, da stand ich Rede und hatte volle Sätze.

In den Baumwipfeln meiner Träume finde ich dich wieder zwischen Zensuren der bedeutsamsten Lieder, verstehe das imposante Orchester und auch die Frühlingsblüher. Jetzt verstehe ich warum du und ich verstehe wozu. Kein Suchen war mehr nötig; es wurde gefunden, was mit dem Weiß des Winters wieder verschwunden. Vier freie Worte im Schnee und meine signalblauen Buchstaben am Ortseingangsschild, an dem jetzt einfach wieder alles richtig steht. Unser Bild, spiegelverkehrt und unsere Zeit, der Zeit hinterher. Verschlungen in der Erinnerung male ich Kunstwerke an die Wand, denn emptiness still leaves a space. Und so muss es gefüllt werden mit Leim und Farbe und Erkenntnis.
Wir fahren Boot und ich lege meine Jugend in deine Hände, ahnungslos und sanft beschützt im zarten Schein der Seelenwanderung. She loves you so hard. In schwarzen Buchstaben steht es auf dem Ortsausgangsschild.

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Ein Hochstand in den Bergen, weit da vorne und Waldmeister auf dem Boden. Unkraut vergeht nicht zwischen tot geglaubten Göttern und unsichtbaren Zwergen. Auf zartem Espenlaub liegend beginne ich meine zerbrechliche Geschichte mit ihr. Immer auf gepackten Koffern sitzend, stelle ich mich meinen abertausend Gefühlen. Alltagssymmetrie außerhalb des allgegenwärtigen Algorithmus bahnt sich an. Ausbruch. Ich zerbreche und bestehe an Schuhen, die drücken und Telefonkabeln aus Glasfaser. Bühnen und Rednerpulte und Raucherkneipen. Einige Pfeile und zwei große Gläser. Kopfsprung vom jungen Leben und kurz im Ort Erinnerung baden- Herzbruch. Der Hof als nicht Dachterrasse ohne Klingelanlage. Geräusche am Fenster, observierend umgesiedelt ohne Ortswechsel. Mein Blick öffnet die Fenster und heute ist so ein Tag, an dem man nicht weiß, ob Herbst oder Frühling ist, ob es Wahrheit oder Lüge ist. Ich kann hier nicht nur leben, ich muss auch etwas sagen können in meiner Selbstdistanz, wenn ihr alle im Affentanz so um mich tanzt. Pleitegeier kreisen über der Mercedes Benz Bank und in gleichnamiger Arena wird Plastik für horrende Summen verkauft. Plötzlich sehe ich den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr und nur noch rote Ampeln im Stadtverkehr, mitgetragenes Laub am Gaspedal und alle paar Meter die Sirenen einer Feuerwehr. Im Dunst des Überreizes und heißbefahrener Straßen verschwinden die Jahreszeiten und werden zu glühend heißer Lava. Ich bin nichts und ich bin alles. Oder wer kann bezeugen, dass ich wirklich da war?

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Ich kraxel und krixel über Tausenden von Pixel. Unter viereckigen Überwachungskameras zwischen Gemüseregal und femme fatale. An diesen in schwarzweiß und tonlos aufzeichnenden Wänden klebt das Armutszeugnis echtgold eingerahmt und trägt Zensur; stur in die Welt hinaus und das auch nur an besser lizensierten Tagen. Zumeist sind es dann fernöstliche Gerüche und eine fremdzubereitete Küche, die das Innerwohl an Überzeugung laben. Auf mobilisierten Tragen in der Innenstadt werden Existenzängste und Versagensklagen durch das Straßenbild geschoben, in dem sich jeder im Wege steht und nicht auf die Ellenbogen des Anderen achtet sondern nur auf die Leuchtionen seines Telefons bedacht ist. Glückskekse gibt es gratis dazu, den seit Stunden ersehnten Toilettengang jedoch nicht. Röstzwiebeln und Erdnusssauce, China in your unwashed hands and to go.  Welcome to your own, inner globalization! Kriminalpolizeisirenen und wild gezähmte Pferdemähnen. Lavendel an den Schläfen und Dieselautos im Halteverbot. Sleeping cops hinter nicht wegweisenden Schildern. An der Kaiserskasse währenddessen akzentuiert das überwiegend schwäbisch Gesprochene in weißen Tischtennissocken. Behäbig, als Vollblutberlinerin und Teilzeitgroßverdienerin. Karpaltunnelsyndrom. Lieber landstreichen, weil da die Kapazitäten weiter reichen; weitreichend bin ich an Gewässern und barocken Gemäuern schleichend, immer nie so lange bleibend und immer eher am Tisch vergraben, schreibend. Anarchie und Landwirtschaft gepaart mit der tiefen Sehnsucht nach bewegter Routine. Aufregend soll es bleiben, aber absehbar! Keine Überraschungen in den Wäldern des emotionalen Wohlstands.
Als digital textliche Form vertracktexte ich diese ominös individuelle Lebensform. Papercuts. Antinorm gepresbyteriert. Komplexum. Mutter Natur.

Druck ausüben auf Druckbuchstabentastatur. Eingabefehlerfraktur. Fragwürdig, ob die Besenreinheit menschlichen Makels uns unter ein besseres Licht stellt als jenes, das vom Himmel fällt. Ein von ultravioletten Strahlen gegeißelter Mond und ins Exil befreite Bedürfnisse, die zerlaufen wie Aquarell.

The idea is to die young – as late as possible in the inside sounds of nowhereville

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Die Eingeweide meiner Selbst. Und die Eingeweihte in mir selbst. Sagen. Du schaufelst dir dein eigenes Grab. Was ist, wenn sie Recht haben und es stimmt? Grillen im Park. Und ein Friedhof im Wald. Kindergeschrei schallt und die ersten Kastanien werden verbohrt. Wer ist Richter, wer Kläger, wenn die Lichter angehen? Wenn der Strom durch die Wände schießt und du dich umschlossen fühlst von Energie und Lust und Schlaflosigkeit. Farbspritzer, Stiftanspitzer; Tinte sich um die Feder hüllt.

Pretty girl- loose your pants. I can dance, I can drink. In the night its all a trick. Der Schreiber wird belächelt / wird unterschätzt / wird wenig wertgeschätzt. Alles ist der Mindesthaltbarkeit unterworfen. Über Tafeln und Täler schleife ich dieses Bewusstsein über brandenburgische Felder. Polaroids und Sonnenuntergänge und der Sommer, der mit Handkuss adieu sagt. Ein Gefühl. Das nicht wieder kommt. Einfach kommt es nicht wieder. Schwer sind die Lider.  Agnes Obel besingt sie für mich.