Sammelwerk Zweitausendvierzehn

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Die Wogen glätten, wo Andere sie nicht hätten. Die Dinge ebnen, ohne sie zu plätten. Regentropfen tropfen rege träge gegen Fensterträger, lamentieren leisigst latent gegen umgetopfte Blumenkästen, ziehen den ganzen Tag in einen umnebelten Sog aus Zeitlosigkeit und kindlicher Vorfreude. But these days go by, denn irgendwann schreit das Selbst-Ich auf, schreit ‚hey, ich bin auch noch da, schaust du hier auch mal rauf?!‘ Und ehe ich mich versehe, nehmen mich glitschige Täler bei der Hand, geben mir verhängnisvolles Pfand, Hirn und Verstand sind nun neu zu betretenes Land. Ohne Kompass, ohne Zielgerade. Dabei, jetzt gerade, fühle ich mich so gitarrenlosgelöst, kaum bin ich eingedöst, ist es schon die Ahnung, die mir bald sauer aufstößt. Das ist hier ist kein Traum mein Kind, das ist alles Realität wie es mir sinnt, ja aber wie kann es denn sein, dass in der Realität ein jeder spinnt? Die Dinge bei dem Namen nennen, den die Anderen nicht kennen. Ich mag die Mystik, die hinter jeder Interaktion versteckt, sich ins Fäustchen lächelnd die Finger leckt. Ich bin hier zu Hause in einer Welt, die mir abseits von Eurer ganz gut gefällt. Bin daheim auf einem Planeten und habe vielleicht nicht darum gebeten, bin aber wohl heimisch in eben diesem, bin Mutter Natur und rechte Hand der Zivilisation, bin gesellschaftsfähig und Misanthrop. Bin Vulkan und Schreibmaschinensultan, immer spontan, aber niemals hier, obwohl, das, ja das passiert hier wirklich grad. Die explizierte Ausführung eines expliziten Inhaltes implodiert ja gerade durch solch komplexe Begebenheiten, die so kompliziert sind, dass sie weder kommunizieren, noch kontrahieren. Es ist echt verhext. Luck be a lady. Ist mein Körpergefühl doch so gespalten wie meine Meinung zu Frank Sinatra, geteiltes Zündholz, mein soziokritisches Brennholz. Stolz? Nein, ganz und gar nicht. Glanz und Gloria. Kerbholz, meines. Faustdick trotz kleinstem Trommelfell. Mein Glossar, Euphoria!

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Der Rauch verhüllt mich in seiner glasklaren Einvernehmlichkeit, die auf Gegenseitigkeit beruht. Stillschweigend siegeln wir einen ungerechten Kaufvertrag aus. Er verlässt mich wieder und bahnt sich seinen Weg durch die geschlossenen Fenster, geradewegs auf den Balkon, auf dem Vögel kacken und sterben gleichermaßen. Ich reiße die Tür auf und will ihm noch etwas hinterherrufen, aber er ist schon über alle hügellosen Berge dieses flachen Gefildes hinweg geflogen; ganz klar einer, der es geschafft hat.

Die Autos dampfen vor dem Haus, müssen jetzt langsam erst mal wieder warm werden. Meine Füße machen sich an die Arbeit, stampfen sich durch treppenflurigen Sand, über Schwellen der ungewissen Tragefähigkeit, hinaus in das Kalte, hinaus den Atem einzufangen. Ich entsinne nicht ob links ob rechts, versuche nur die Verfolgung aufzunehmen, bin Fährtenaufspürer, Wegeschnüffler – und lande doch nur im modrigen Graben. Kaltschnäuzig wie ein Berner Sennenhund rümpfe ich die Nase, mache auf dem abgebrochenen Absatz kehrt und verschwinde erhobenen Hauptes. Dass ich rotbäckig beschämt bin, sieht dann zum Glück keiner. Die Luft wirkt frisch und klamm, der Nebel legt sich über Schlaglöcher und Maulwurfshügel, eh ich es verstehe, bemerke ich: es regnet. Und so legt sich der Regen auf all meine Glieder; der Regen legt sich nieder auf mein federndes Gefieder. Der Regen liegt sich nieder, macht traurig und irgendwie auch ganz furchtbar bieder. Der Regen legt sich nieder, im nächsten Jahr auch wieder. Mit dem Geschmack von schönsten Erinnerungen ist es ist nicht so, dass es nicht sein könnte wie es gerne wäre. Auch wenn ich diesem hiermit die Leichtigkeit des seins erschwere. Es ist nicht so, dass es müsste, wie es nicht hätte. Auch wenn ich es damit eher bestürze als rette. Aber nun haben wir Winter und im Winter, da kehren die Meisten von uns an einen Punkt zurück, den wir allgemeinhin Kindheit nennen. In diesem Jahresabschnitt sind die Grenzen zu unserem Inneren verwischt wie niemals nie und so schwimmen wir zwischen den Welten, switchen in den Etagen, spulen vorwärts und rückwärts in all den Monaten, Wochen, Tagen. Ein Versuch über die Zeit zu schreiben, sie probieren zu formulieren, der Versuch- es verliert sich hinter Buchstaben auf Papieren. Die Zeit ist groß und gemein, kleingeistig und katastrophal. Die Zeit ist Gänseblümchen und halbvolle Gläser mit Lippenstiftmündern.

Die Zeit ist Tocotronic.

Die Zeit ist Wunder. Sie ist Fahrrad fahren in der Nacht, auf nassen Straßen im perligen Laternenlicht, sie ist latent und sie ist dicht, sie ist das Meer in allerprächtigster Güte der Dunkelheit. Ist Melodie, ist Takt. Die Zeit macht müde und die Zeit macht matt, schläfrig und schlapp. Die Zeit macht Appetit und Entdeckungsgänsehaut. Wir können sie hier verlassen, können uns an den Händen fassen, können sie hinter uns lassen. Die Zeit ist Dompteur und zeitloses Gehör. Ich bin Team Donnie und betrete die Matrix des gesetzlosen, live on air, gleich schon ist es etwas länger her. Keep on hanging to yourself but don’t go lose it baby. Die Fliegen tanzen um mich wie, die Tanzenden fliegen um mich wie der feine Blütenstaub einer ausschlagenden Linde zu Frühlingsbeginn; ich balle einen zerfledderten Fetzen Billigklopapier in den Fäusten, denn gleich geht es los. Das Blut schießt an den Schläfen vorbei, durch die Stirn hindurch und bahnt sich den weißzerstückelten Weg in die Freiheit. Ich reiße meine Augen auf und blicke auf ein Stück kugelschreiberbeschriebenden Zettel in meiner Hand:

Whats your addiction?